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Shanghai - und warum ich jetzt wieder in Deutschland bin

So leer war es am Bund

Zum Frühlingsfest, also zum chinesischen Neujahr, war ich zu einer Freundin in Shanghai eingeladen. Am Tag von meinem Abflug in Shenyang war der Corona Virus schon bekannt, aber ich hätte nicht erwartet dass es meinen Aufenthalt so stark beeinflusst. Was mir damals schon aufgefallen ist: Der Taxifahrer, der mich zum Flughafen gefahren hat, trug eine Maske, und auch am Flughafen selbst hatten fast alle Masken an. Abgesehen davon verlief noch alles normal.

Am Flughafen in Shanghai haben mich dann meine Freundin und ihr Vater abgeholt und wir sind zu ihnen nach Hause gefahren. Am Tag nach meiner Ankunft, dem wichtigsten Tag des Frühlingsfests, waren wir gleich zweimal direkt nacheinander essen; einmal mit der Familie vom Vater und einmal mit der Familie der Mutter. Dabei haben die Kinder, auch ich, sogenannte „red pockets“ (红包) bekommen. Das sind rote Umschläge mit Bargeld, die den Kindern in der Zukunft Glück bringen sollen.

Abgesehen davon habe ich die meiste Zeit meines Aufenthalts bei meiner Freundin Zuhause verbracht, da die Situation gefühlt jeden Tag ernster wurde und viele Orte, die wir besuchen wollten, wie zB die Yu-Gärten, geschlossen wurden. Wir waren natürlich trotzdem beim Bund und haben eine Altstadt besucht – beides so leer wie sonst nie -, aber an vielen Tagen haben wir die Wohnung gar nicht erst verlassen. Dadurch habe ich mich viel weniger als Tourist gefühlt, sondern ein bisschen so als würde ich in Shanghai leben.

Was macht man, wenn man in China in der Wohnung rumhockt? Wir haben zusammen eine Serie angefangen, ich habe ein Buch gelesen, dass ich mir aus Shenyang mitgenommen habe, und wir haben uns viel unterhalten. Auf Chinesisch natürlich. Das war echt toll, mich auch mit ihren Eltern verständigen zu können. Außerdem gehen auf WeChat Kettenbriefe gegen Langeweile rum – das sind dann Listen von Links zu Onlinespielen, TaiChi-Anleitungen und vieles mehr. Es war schon verdammt spannend, diese Situation in China Live mitzuerleben. Außerdem hat der Vater meiner Freundin jeden Tag zum Frühstück und Abendessen gekocht, und es war echt schön wieder selbst gekochtes zu essen. Eines meiner Lieblingsessen dabei waren Tangyuan (汤圆), kleine Teigbällchen mit schwarzer Sesamfüllung, die in einer süßen Reissuppe gemacht werden.

 

Aber nach ungefähr drei Tagen kam dann plötzlich die Nachricht von der Uni, dass sie bis zum nächsten Semester die Wohnheime schließen, wegen dem Virus. Ich hatte also drei Möglichkeiten:

Zurück nach Shenyang, wo ich dann aber in einem anderen Gebäude untergebracht worden wäre und 14 Tage lang mein Zimmer nicht verlassen dürfte, und wo ich außerdem alleine wäre weil meine Freunde ja alle über Neujahr zu ihren Familien gefahren sind (von der Option hat mir auch die Uni stark abgeraten);

Länger in Shanghai bleiben als die ursprünglich geplanten neun Tage; ich hätte dann mindestens einen Monat länger bleiben müssen (mindestens, weil der Semesterbeginn auf noch unbestimmte Zeit verschoben wurde), aber ich konnte mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, meiner Freundin solange auf der Tasche zu hocken;

Also habe ich mich für die dritte Option entschieden, den Rest der Ferien in Deutschland zu verbringen. Und da bin ich jetzt.

 

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